Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Videotheken zwischen Raubkopieren und Online-Diensten

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • Videotheken zwischen Raubkopieren und Online-Diensten

    Vor fast 30 Jahren wurde in Kassel die erste Videothek Deutschlands eröffnet. Damit gehörte Hessen bei der Verwertung audiovisueller Medien zu den Vorreitern. Doch die von der Filmbranche vorgesehene Verwertungskette für Filme, die nach dem Kino in die Videothek und dann ins Fernsehen kommen, ist durcheinander geraten. Schuld daran sind nach Ansicht der Industrie vor allem die Menschen, die sich Raubkopien illegal aus dem Internet besorgen. Für die Filmindustrie wird dies ein immer größeres Problem, denn immer mehr Menschen hätten einen CD- oder DVD-Brenner und die notwendige Breitband-Internetverbindung zu Hause.

    Der Download von nicht lizenzierten Filmen aus dem Internet ist spätestens mit dem neuen Urheberrechtsgesetz illegal geworden. Im Herbst 2003 wurde beispielsweise ein Raubkopierer-Ring in Frankfurt ausgehoben, der auf einem Download-Server rund 10 Terabyte an kopierten Filmen, aber auch beispielsweise Computerspielen lagerte. Die Filmindustrie ist naturgemäß über die massenhafte Verletzung des Urheberrechts erbost. Kürzlich startete sie eine höchst umstrittene Kampagne ("Hart aber gerecht"), bei der sie Fahndungsplakate, die an die Zeiten der RAF erinnern, mit vermeintlichen "Raubkopierern" bebilderte.

    Die Filmförderungsanstalt (FFA) in Berlin hat in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg eine so genannte Brenner-Studie angefertigt: 23,5 Millionen Deutsche haben demnach bereits Zugriff auf einen CD-Brenner im eigenen Haushalt, etwa 570.000 verfügen über ein solches Gerät für DVDs. Mehr als eine Million wollen sich im Lauf dieses Jahres "bestimmt" einen DVD-Brenner anschaffen, etwa 900.000 einen CD-Brenner. Die Studie, die aus einer repräsentativen Umfrage unter 10.000 Deutschen hochgerechnet wurde, liefert auch ein typisches Nutzerprofil: Es sind vor allem die 16- bis 24-Jährigen, die CDs und DVDs brennen. Im vergangenen Jahr wurden weit mehr als 50 Millionen CD-Rohlinge und weit mehr als neun Millionen DVD-Rohlinge mit Spielfilmen bespielt, behauptet die Studie.

    Über kurz oder lang könnten deshalb die Videotheken aus dem Straßenbild verschwinden, befürchten die Betreiber. Der Interessenverband des Video- und Medienfachhandels (IVD) bezeichnet 2003 als das Jahr mit den größten Umsatzeinbrüchen bei Videotheken, die es je gegeben habe. IVD-Sprecher Ulrich Mahne: "Durchschnittlich haben unsere Mitglieder 15 bis 20 Prozent Umsatzeinbußen gehabt. Das lag am guten Wetter, der schwachen Konjunktur und vor allem an den Raubkopierern. Die tun uns am meisten weh."

    "Ich habe 2003 gut 40 Prozent weniger Umsatz als im Jahr davor gemacht", sagt der Betreiber der Wiesbadener Videothek X, Markus Nensel. Er glaubt, dass viele seiner Kollegen weghören, wenn Kunden im Laden davon sprechen, dass sie einen "gebrannten Film" gesehen hätten. Nensel plädiert für eine höhere Bestrafung von Raubkopierern: "Man müsste saftige Geldstrafen verhängen, die Filmfirmen müssten dicke Kopfgelder ausschreiben und die Deutsche Telekom sollte auf Grund ihrer Statistiken Leute, die daheim ein kontinuierlich hohes Übertragungsvolumen haben, zur Rechenschaft ziehen."

    Eine andere Entwicklung scheint jedoch weit wahrscheinlicher. Die Filmindustrie will selbst den Vertriebsweg Internet für digitale Kopien der Filme nutzen. Selbst die mächtige amerikanische Filmindustrie-Lobby Motion Picture Association of America (MPAA) hat angekündigt, ein eigenes kostenpflichtiges Film-Download-Angebot von 2005 an ins Internet zu stellen. Direkt nach der Verwertung im Kino könnte der Film dann in den digitalen Online-Vertrieb gehen. Was das für den bisherigen Film- Zwischenhandel und insbesondere die Videotheken bedeutet, ist noch unklar.

    Der Kasseler Eckhard Baum (65), Gründer von Deutschlands erster Videothek, sieht die Zukunft des Handels und seines eigenen Ladens gelassen: "Bei mir laufen ja die alten VHS-Videos sogar noch besser als die DVDs." Baums großes Angebot, darunter anspruchsvolle Literaturverfilmungen, sind im Internet und auch im Fernsehen nur vereinzelt zu finden.

    Nach Ansicht der Videotheken-Branche machen immer mehr illegale Downloads und private Brenner ihr das Leben schwer; aber auch durch Online-Angebote der Filmbranche kommen sie unter Druck.
Lädt...
X